Persönliche Geschichten
Aufgeschrieben von Armin Himmighofen
Weiterleben mit Jürgen
Unser Sohn hat am 11. Mai Geburtstag. Wir feiern dieses Datum, denn wir wollen ihn nicht vergessen. Er gehört zu unserer Familie, solange wir leben. Mein Mann und ich haben noch zwei Töchter.
Manchmal werden wir gefragt, ob wir damit etwas verhindern wollen. Sie denken, es sei so eine Art Innenraum in unserer Familie, in dem wir unseren Sohn aufbewahren wollen und zu dem nur wir Zugang haben. Sie denken, wir können gar nicht Abschied nehmen.
„In Abrahams Schoß“
Nach vier Jahren sind die Erinnerungen und die „Kopfbilder“ vom Sterben meines Mannes erträglicher geworden. Am schlimmsten war ja der Anfang, als er vom Arzt die Diagnose „Pankreaskarzinom“ bekommen hatte. Das war wie ein Schock. Er selbst konnte über seine Gefühle nicht sprechen. Ich glaube, er hat es gleich wie ein Todesurteil gehört. Sein Schweigen und Dulden hat einige Distanz zwischen uns geschaffen.
Unsere Kinder haben nach Behandlungsmethoden gesucht, um ihm sein Leiden erträglicher zu machen, aber er wollte außer den Therapievorschlägen seines Arztes, nichts dergleichen annehmen. Es tat schrecklich weh, ihn so leiden zu sehen.
Wer wird einmal um mich trauern?
Meine Frau ist vor eineinhalb Jahren gestorben. Ich lebe seitdem alleine und habe intensiv das Gefühl übrig geblieben zu sein. Anteilnehmende Besuche aus der Gemeinde sind weniger geworden. Ich habe für mich einen Weg gefunden, wie ich weiterleben kann. Ich kann jetzt auch besser beschreiben, wie ich die letzten Monate mit meiner Frau erlebt habe.
Sie war schwer krank geworden, hat aber lange gewartet, bis sie sich vom Arzt untersuchen ließ. Als der sein Ergebnis präsentiert und Vorschläge für eine Behandlung gemacht hat, wollte sie weder Bestrahlungen noch Chemotherapie oder dergleichen. Dafür hätte sie in die nächste Klinik verlegt werden müssen. Es war ihr wichtiger, ihre letzten Monate mit mir zuhause zu verbringen. Ich hatte die Aufgabe, sie zu pflegen. Eine Pflegeeinstufung vom MDK hat sie nicht bekommen, weil sie weitere medizinische Hilfe abgelehnt hatte.
Diese Seite:Download PDFTeilenDrucken