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Tod und Auferstehung in der Bibel

Von Claudia Janssen aus "Endlich lebendig" - Kreuz Verlag in der Verlag Herder GmbH, Freiburg i. Br.

© Getty / wwing

»Weder Tod noch Leben... können uns von der Liebe Gottes trennen«, heißt es im Brief an die GemeindeinRom 8,38-39. Was versteht die Bibel unter Tod und Leben? Ursprung allen Lebens ist nach biblischer Vorstellung Gott. In der Schöpfungsgeschichte wird der Mensch als atmendes Leben bezeichnet, als lebendiger Atem Gottes (vgl. 1. Mose 2,7; 1. Brief an die Gemeinde in Korinth 15,45). Menschen sterben, wenn Gottes Geistkraft von ihnen genommen wird, sie werden wieder zu Staub (vgl. Psalm 104,29). Der physische Tod gehört zum schöpfungsgemäßen Leben dazu, Vergänglichkeit als solche wird nicht negativ gesehen. Auch werden Tod und Leben nicht eindeutig voneinander unterschieden. Menschen, die schweren Leiden ausgesetzt sind, können »tot« genannt werden. Sie begreifen sich vom Leben abgeschnitten, als Tote. Insbesondere in den Psalmen wird vielfach für die Rettung aus dem »Tod« gedankt, aus Krisen und Gefährdungen. Der Tod wird als Grenze und Bedrohung des Menschen beschrieben, als Raum, der vom Bereich des Lebens getrennt ist.

Tod. Die Begrifflichkeit, die Paulus verwendet, wenn er von Tod und Sterben spricht, ist vielfältig. In Bezug auf die Gefahren, denen er ausgesetzt ist, kann er von sich sagen, er sterbe täglich. Im Brief an die Gemeinde in Rom 8,36 formuliert er in Aufnahme von Psalm 44,23: »Um deiner wegen werden wir getötet Tag für Tag.« Auffällig an diesem Befund ist, dass für verschiedenartige Vorgänge dasselbe Wort gebraucht wird: Das physische Sterben ist von der Wortwahl her nicht vom Sterben im weiteren Sinn zu trennen. Vielleicht gehört aber auch beides so eng zusammen, dass es schwer ist, die Bedeutungen zu trennen.

Wenn Paulus vom Tod spricht, meint er nur in seltenen Fällen den zum Menschsein gehörenden physischen Tod. Sein Blick richtet sich vor allem auf die Todesstrukturen des gegenwärtigen Lebens, die die Menschen zerstören. Er stellt den Tod in die Reihe der Mächte der Welt. Der Tod scheint mit militärischer Macht zu siegen und meint, mit seinem Stachelstock alle Menschen versklaven zu können (vgl. 1. Brief an die Gemeinde in Korinth 15,55). Aber Gott hat dem Tod das Ende angesagt, als der »letzte Feind« in der Reihe der irdischen und kosmischen Mächte wird er besiegt. In einer Welt, die von der römischen Gewaltherrschaft geprägt war, von militärischen Eroberungen, willkürlicher Gewalt, Folter und Morden, ist das die Gewissheit einer anderen Wirklichkeit, die Paulus verkündet.

Leben und Gott gehören zusammen

Leben. Auch »Leben« meint im biblischen Sprachgebrauch immer mehr als nur das physische Existieren. Leben ist eine besondere Qualität des Daseins. Leben bedeutet die Beziehung zu Gott. Gott gibt Leben und macht immer wieder neu lebendig, nimmt Menschen in einen neuen Wirklichkeitsbereich, in seinen Lebens-Raum hinein. Das Verb »lebendig machen« beschreibteine ausschließlich göttliche Tätigkeit und bezieht sich überwiegend auf das Auferwecken der Toten, zugleich verbindet sich damit die Assoziation an die Schöpfung. »In Christus« werden Menschen lebendig und leben mit ihm in der Wirklichkeit der Auferstehung, in der erneuerten Schöpfung.

Leben und Gott gehören zusammen, und diesen steht die Herrschaft von Tod und Sünde gegenüber. Sie werden von Paulus vielfach metaphorisch unterschiedlichen Herrschafts-Räumen zugeordnet. Der Bereich des Lebensistals Schöpfung Gottes gegenwärtig – unsichtbar, aber für alle zu erkennen. Die Sehnsucht nach einem vollständigen, endgültigen Sein im Lebens-Raum Gottes spricht vielfach aus den Briefen des Paulus. Die Hoffnungrichtetsich dabei auf das Kommen Gottes und die Gegenwart des Messias Jesus. Gleichzeitig gibt er seinem Wunsch Ausdruck, zu diesem Ziel aufzubrechen. Er hofft auf eine Verwandlung der gegenwärtigen Existenz in einen Lebens-Raum Gottes, den er mit Hilfe von mythischen Bildern ausmalt. Dieser Prozess der Verwandlung der Welt hat für ihn bereits begonnen: durch die Auferweckung des Messias Jesus. Dass diese bisher unsichtbare Wirklichkeit endlich allen offenbar wird, ist seine große Hoffnung. Darinsieht er sich verbunden mit der gesamten Schöpfung, die aus ihrer Hoffnung widerständige Kraft schöpft.

Das gegenwärtige Leiden verbindet die Menschen mit dem Messias

Auferstehung der Körper. Tod und Leben werden in biblischen Texten immer konkret verstanden. An den Menschen und ihren Körpern wird erfahrbar, in welchem Bereich jemand steht, welcher Macht die Menschen ausgesetzt sind, ob sie vom Leben oder vom Tod bestimmt sind. Es ist für heutige Leser und Leserinnen oft irritierend, dass Leben und Tod jeweils mit Herrschaftsbildern beschrieben werden. Menschen haben nur die Möglichkeit, von einem in den anderen Herrschaftsbereich zu wechseln. Eine autonome Existenz oder individuelle Freiheit ist für antike Menschen nicht vorstellbar. Zum anderen entsprechen diese Bilder der Herrschaft der Wirklichkeit der Menschen, die den Mächten ihrer Zeit oft schutzlos ausgesetzt waren. Und hinter den mythischen Beschreibungen kämpfender Mächteverbergensich realepolitische und gesellschaftliche Erfahrungen.

Todesmacht und Lebensmacht prägen die gegenwärtige Existenz und hinterlassen ihre Spuren auf den Körpern der Menschen. An den Körpern zeigt sich, dass die Herrschaftsräume nicht nur abstrakte Deutungskategorien, sondern leibhaftig erfahrbar sind. In ihrer körperlichen Existenz können Menschen vollständig von einer Macht »besetzt« sein und zu »Körpern des Todes« werden, so beschreibt es Paulus (vgl. Brief an die Gemeinde in Rom 7,24; 8,10). Im Lebensbereich des Messias werden sie verwandelt und seinem Körper, der Gottesglanz und Würde ausstrahlt (griechisch doxa), gleich. Das gegenwärtige Leiden verbindet die Menschen mit dem Messias und zugleich auch das Vertrauen auf das Aufstehen mit ihm, auf ein Leben in der Gegenwart Gottes. Die Kraft dieser neuen Wirklichkeiter fahren sie, wenn sie miteinander ihr Essen teilen und sich im Alltag unterstützen. Mit dieser Kraft können sie den römischen Behörden widerstehen und ein Leben gegen den Strom führen.

Das Kommen des Messias und seine Auferweckung haben die Grenzen zwischen Tod und Leben durchlässig gemacht. Um dies auszudrücken, wählen die Menschen eine mythisch-poetische Sprache. Die Herrschaft des Todes ist zu Ende, dem Tod wurde die Macht genommen, so formuliert es Paulus. Diese Verheißung steht der Realität der Menschen gegenüber, in der sie die Herrschaft des Todes tagtäglich erleben, die ihr Denken und Handeln bestimmt. Die Erfahrung von Leben bedeutet eine Grenzüberschreitung, die die gegenwärtige Existenz für eine andere Wirklichkeit durchlässig macht. Auferstehung ist die Erfahrung der Nähe Gottes, die auch die Beziehungen der Menschen zueinander verwandelt. Dies geschieht in der Gegenwart: »Jetzt ist der von Gott bestimmte gute Zeitpunkt da, jetzt ist der Tag der Rettung!« (Brief an die Gemeinde in Rom 13,11) Auch wenn die Menschen noch unter der gegenwärtigen Existenz leiden und auf deren endgültige Verwandlung warten, so erfahren sie jetzt das Leben.

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Zum Weiterlesen

Frank Crüsemann / Marlene Crüsemann
Artikel: Tod, in: Sozialgeschichtliches Wörterbuch zur Bibel (2009), 586-589.

Bärbel Wartenberg-Potter
Mit-Leidenschaft. Geistliche Mut-, Mahn- und Trost-Reden einer ökumenischen Bischöfin (2010).

Impuls

Ich denke an Elisabeth Käsemann, an die Tage der Folter in »El Vesubio«. Und ich bete, dass sie dort nichtallein war.

Der Bibeltext

Brief an die Gemeinde in Rom

Kapitel 8,31-39 31

31 Was können wir also in der aktuellen Situation sagen? – Wenn Gott für uns ist, wer kann dann noch etwas gegen uns ausrichten? 32 Gott hat ihren eigenen Sohn auf seinem Weg nicht geschont, sondern ihn für uns alle hergegeben. Sollte Gott uns dann nicht auch zusammen mit ihm die allumfassende Fülle schenken?

33 Wer sind die schon, die die Auserwählten Gottes anklagen? – Gott verschafft das Recht.

34 Wer sind die schon, die Urteile sprechen? – Der Messias Jesus, der getötet, vielmehr aufgeweckt wurde, der sitzt zur Rechten Gottes und tritt für uns ein.

35 Wer kann uns von der Liebe des Messias trennen? Erfahrungen großer Not, Angst, politische Verfolgung, Hunger, Schutzlosigkeit, Gefahr oder Waffengewalt?

36 So sagt die Schrift: Um deinetwillen werden wir getötet Tag für Tag, als Schlachtvieh werden wir angesehen. (Ps 44,23)

37 Aber in all diesen Situationen gewinnen wir das Leben, weil Gott uns liebt. 38 Denn ich verlasse mich darauf: Weder Tod noch Leben, weder himmlische noch staatliche Mächte, weder die gegenwärtige Zeit noch das, was auf uns zukommt, weder Gewalten 39 der Höhe noch Gewalten der Tiefe, noch irgendein anderes Geschöpf können uns von der Liebe Gottes trennen, die im Messias Jesus lebendig ist, dem wir gehören.

Weiterführende Links

Weitere Bibelverse

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Artikel aus der EKHN "Gottes großes Comeback"

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Artikel aus der EKHN "Auferstehung"

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